Podiumsdiskussion mit SchülerInnen zum Thema „Europa – fit für die Zukunft?“

Hoch her ging es bei der Podiumsdiskussion zwischen SchülerInnen der K1 mit PolitikerInnen aller Fraktionen am Freitag, den 21. September in der Aula der Schule. Auf Einladung der SMV waren gekommen: Renata Alt (MdB ) von der FDP, Andreas Deuschle (MdL) von der CDU, Gernot Gruber (MdL) von der SPD, Andrea Lindlohr (MdL) von den Grünen und Sigrid Uhle-Wettler, (parlamentarische Beraterin der AfD-Fraktion im Landtag BW) von der AfD. Zuvor hatten sich SchülerInnen der K1 mit Unterstützung der GemeinschaftskundelehrerInnen in Workshops mit dem Thema „Eine Reform für Europa: Was muss getan werden, um Europas Position nach außen und nach innen zu stärken und die EU fit für die Zukunft zu machen?“ auseinandergesetzt, wobei der Schwerpunkt auf den Themen: Migration, Asylrecht und Nationalismus lag.
Die VertreterInnen der CDU, FDP und der Grünen bekannten sich vorweg alle einmütig zu Europa und benannten die vielen Vorzüge, die gerade auch junge Menschen dank der EU genießen, angefangen von der Reisefreiheit, kostengünstigem Roaming bis hin zu Studiermöglichkeiten im Ausland und dem Erasmusprogramm. Die gebürtige Slowakin Renata Alt führte ihre eigene Biografie an, um zu verdeutlichen, wie viel sich für die Menschen aus Osteuropa dank der EU verändert hat und wie wertvoll Dinge wie Reisefreiheit deshalb gerade für sie sind. Auch Gernot Gruber hob hervor, dass die EU ein großes Friedensprojekt ist, aber eben auch ein Wirtschaftsprojekt und ein Demokratieprojekt ist, das dazu beiträgt, dass in vielen vorher autokratisch regierten Ländern sich die Demokratie etablieren konnte, so zum Beispiel in Spanien nach der Franco Herrschaft oder eben in den ehemaligen Ostblockstaaten. Andrea Lindlohr betonte in diesem Zusammenhang, wie wichtig es sei, die EU als funktionierende Gemeinschaft zu erhalten, um gemeinsam nationalistisch-autokratischen Tendenzen entgegentreten zu können. Andreas Deuschle verwies darauf, dass es nötiger sei denn je eine möglichst große handlungsfähige EU zu erhalten, um den großen anderen Gobal Players wie China, Russland und USA begegnen zu können, vor allem nun da die USA kein garantierter Partner mehr sei. Er sieht allerdings die EU an einem Scheideweg, der möglicherweise auch dazu führen könnte, dass es in Zukunft ein kleineres Bündnis aus Staaten geben könnte, die sich zu den gleichen Werten und Regeln bekennen wollen. Besser wäre aber ganz sicher eine große, einige EU, um für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein, „kein Nationalstaat schafft das allein“. Er plädiert aber dafür, sich auf die großen Dinge zu beschränken und „die kleinen Dinge dafür klein zu halten“, dazu gehöre zum Beispiel die berühmte „Gurkenverordnung“, die die Krümmung eine Gurke vorgibt. Sigrid Uhle-Wettler von der AfD griff das Thema Reisefreiheit und offene Grenzen nochmal auf und meinte, dass sie persönlich die Grenzkontrollen, wie sie einst üblich waren, nie als lästig empfunden hätte und auch keinen großen Zeitverlust gebracht hätten. Sie bezog dies auf ihre persönlichen Erlebnisse von damals. Wie das heute bei stark gestiegenem Verkehr, vor allem auch Warenverkehr, funktionieren könne, blieb leider unbesprochen. Ihre Partei trete für sichere Grenzen und ständige Grenzkontrollen ein, um zu verhindern, dass Terroristen ungehindert reisen könnten, wie im Fall des Berlinattentäters Amri. Moderator Jakob Schüssler (Abiturient 2018) wollte daraufhin von ihr wissen, wie man dies mit Grenzkontrollen an den offiziellen Grenzübergängen verhindern könne, wenn doch jeder einfach über die grüne Grenze laufen oder „durch den Rhein schwimmen“ könne. „Wollen Sie rund um Deutschland eine Mauer bauen, oder wie soll das gehen?“, fragte er. Andrea Lindlohr verwies im Gegenteil sogar darauf, dass gerade um so etwas zu verhindern, es mehr EU und vor allem mehr Zusammenarbeit zwischen den Behörden der verschiedenen Länder und Staaten geben müsse: „Wenn der Grenzbeamte nicht die Info erhält, dass ein gewisser Amri ein Straftäter ist und als potentieller Terrorist eingestuft wird, dann hilft die beste Passkontrolle nicht weiter!“ Renata Alt plädierte gar für einen Art „europäisches FBI“, um solche Gefährder in den Griff bekommen zu können. Das Thema Flüchtlinge und Migration bestimmte die weitere Diskussion und die SchülerInnen wollten wissen, welche Vorstellungen die einzelnen Parteien hätten, wie man dieses Problem in den Griff bekommen könne. Die VertreterInnen von CDU, FDP und Grüne waren sich einige darin, dass es darum gehen müsse, auch die Fluchtursachen zu bekämpfen. So setzen sich die Grünen für faire Handelsbedingungen ein, die die heimischen Märkte in Afrika fördern anstatt sie durch Billigimporte aus der EU zu zerstören. Renata Alt und Andreas Deuschle verwiesen auf den „Marshallplan“ von Entwicklungsminister Müller, der vor allem auf konkrete Förderung von Projekten und NGOs vor Ort setzt, anstatt einfach nur Geld zu überweisen, dass in den Taschen weniger landet. Die Vertreterin der AfD entgegnete, es grenze an Größenwahn, wenn Deutschland meine, es könne die Missstände auf der ganzen Welt beheben und so Migration stoppen. Grenzsicherung sei deshalb unabdingbar. Wie es mit Grenzkontrollen gelingen kann, eine Massenflucht zu stoppen, wurde nicht weiter erörtert.
Ein Schüler wollte noch wissen, ob die Anwesenden für eine gleiche Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU Staaten wären. Andreas Deuschle und Andrea Lindlohr meinten darauf, prinzipiell wäre das wohl die fairste Lösung, aber die sei wohl im Moment nicht durchsetzbar. Man müsse deshalb pragmatisch vorgehen, was heißt, dass möglicherweise Länder wie Ungarn oder Polen statt Flüchtlinge aufzunehmen, andere Leistungen oder Zahlungen erbringen müssten. Frau Alt betonte überdies, wie wichtig auch ein Einwanderungsgesetz sei, wobei Kriegsflüchtlinge in jedem Fall aufgenommen werden müssten.
Richtig hitzig wurde die Diskussion, als Sigrid Uhle-Wettler (AfD) erklärte, es sei gutes Recht aller Staaten, hier selbst zu entscheiden, ob sie Flüchtlinge aufnehmen oder nicht, schließlich habe Kanzlerin Merkel unrechtmäßig 2015 die Flüchtlinge ins Land gelassen und alle anderen Länder überrollt. Andreas Deuschle wollte daraufhin wissen, gegen welchen Paragrafen Merkel verstoßen habe, was leider unbeantwortet blieb, ebenso wie die Frage aus dem Publikum an die AfD Vertreterin, was sie konkret an Stelle der Kanzlerin gemacht hätte, als damals Tausende von syrischen Kriegsflüchtlingen in Ungarn (!) festsaßen und die ungarische sowie die österreichische Regierung mit den Menschenmassen völlig überfordert waren. Darauf hatte Frau Uhle-Wettig keine konkrete Antwort, sie verwies nur darauf, dass wenn die EU funktioniert und Griechenland mehr Geld bekommen hätte, wäre es so weit nicht gekommen. Wie aber Griechenland einem solchen Ansturm ganz praktisch hätte Herr werden können, blieb unklar. Das heiße doch aber gerade auch, dass man genau deshalb unbedingt eine funktionierende EU brauche, konterte ein Schüler.

Petra Enz-Meyer