Kurz vor den Weihnachtsferien reiste Tom Franklin, der Autor unserer englischen Pflichtlektüre „Crooked Letter, Crooked Letter“, aus den USA nach Deutschland, um seinen Kriminalroman in zwölf Lesungen vorzustellen. Wir Englischkurse der K2 hatten Karten für eine Lesungen ergattert und machten uns so am 13. Dezember auf den Weg nach Reutlingen.
Es wurde schnell klar, dass Tom Franklin im Umgang mit Jugendlichen keine Schwierigkeiten hat. Zu Beginn der Lesung machte er deutlich, dass es ihm bewusst sei, dass rund 50 000 Schüler*innen sein Werk nicht ganz freiwillig lesen. Mit einem Handzeichen sollte man zeigen, ob man den Roman schon gelesen hat (mehr als die Hälfte hat sich gemeldet; man sah prüfende Blicke der Englischlehrer*innen…).
Nachdem Tom Franklin kurz von sich erzählt hatte, las er eine kurze Passage aus seinem Roman. Dieser ist im Wesentlichen als eine Mischung aus einem Kriminalroman und einem gesellschaftskritischen Drama zu verstehen, das insbesondere von Einsamkeit, Freundschaft sowie vom Erbe der Rassentrennung im „US-American South“ handelt. Welche Rolle diese Themen in seiner Kindheit und Jugend gespielt haben, wurde im darauffolgenden Part der Veranstaltung deutlich. Tom Franklin schilderte persönliche Erlebnisse, die er in seinem Roman zielbewusst und detailliert aufgegriffen hat. So erfuhren wir, dass die Protagonisten an seine eigene Person und seinen besten Freund angelehnt sind. Auch der Ort der Handlung basiert auf der Darstellung von Dickinson, einem Dorf im ländlichen Alabama, in dem der Autor aufgewachsen ist. Die enge Beziehung zwischen seinem Leben und dem Roman besteht ferner in unscheinbaren Details. So gleichen die Namen und Todesursachen der Hunde, die er in seinem Werk erwähnt, denen seiner eigenen Haustiere.
Besonders interessant waren Einblicke in die Entstehung des Werkes. Erst nach dem Beenden des Buches bemerkte Tom Franklin beispielsweise, dass der Kriminalfall unvollständig war, da es keinen Mörder gab. So füllte er die Lücken im Nachhinein aus und baute eine Figur ein, die er bereits vor „Crooked Letter“ erfunden hatte.
Aufgrund eines Arbeitsprojektes seiner Frau Beth Ann Fennelly, ebenfalls Schriftstellerin, zog seine Familie für einige Monate nach Brasilien, wo Tom Franklin seine Ideen für das Werk nun mit einem eher distanzierten Blick auf seinen Wohn- und Handlungsort schreiben konnte. Der Roman über den US-amerikanischen Süden entstand folglich größtenteils in Südamerika.
Zuletzt versuchte Tom Franklin sein Werk mit unserem Sternchenthema „Ambiguity of belonging“ zu verknüpfen. Dabei kam er zu dem Schluss, dass das Zugehörigkeitsgefühl der Menschen vielmehr von den Personen geprägt ist, die man schätzt und mit denen man sich umgibt, als von geographischen Räumlichkeiten und Gegebenheiten.
Rückblickend betrachtet verbrachten wir an dem Tag zwar mehr Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln als bei der Lesung – die Odyssee nach Reutlingen hat sich dennoch gelohnt!
(Constanza Vera-Fluixá, K2)