Vortrag zum Ethikthema „freier Wille“

Am 07.12 kamen Dr. Nils B. Kroemer, Diplom-Psychologe, und Doktorandin Monja Neuser ans HHG, um mit den Ethik-Kursen K1 (Frau Enz-Meyer und Frau Schlösser) die Frage „Kann ich wollen, was ich will?“ mit Fokus auf Esssucht zu diskutieren. Wie kommt es zur Sucht? Und wie sieht die Arbeit als Neurowissenschaftler bzw. Psychologe überhaupt aus? Alle im Vorfeld von Schülern gestellten Fragen sollten jetzt beantwortet werden.
Nach einer kurzen Vorstellung wurden Bilder von Eis gezeigt und man fragte die Schüler nach ersten Eindrücken. Logischerweise lief den meisten das Wasser im Mund zusammen (außer natürlich denen mit Lactoseintoleranz, hehe…), man assoziierte das Eis mit Sommer und positiven Gefühlen. In Verbindung mit einer dicken Frau im Hintergrund sah das aber schon ganz anders aus: „Ungesund“, „Sie sollte vielleicht kein Eis Essen wenn sie schon übergewichtig ist…“ Anschließend wurden Bilder von einem Burger und Apfel gezeigt und es wurde auch hier nach Eindrücken gefragt und danach, was leckerer aussieht. Keine Überraschung: Den Burger fanden fast alle besser. Aber warum ist das so? Warum finden wir den Burger so viel verlockender als den Apfel? Weil er mehr Nähstoffe hat natürlich. Im Vergleich liefert der Apfel 76% weniger Energie als der Burger. Logischerweise will unser Körper das, was ihn für einen längeren Zeitraum am Leben hält. Was genau ist jetzt aber der Auslöser für die Esssucht? Das kann zum einen an Stress und psychischen Problemen liegen. Auch durch in der Familie geprägte Angewohnheiten kann man esssüchtig werden. Obwohl die Gene natürlich auch eine Rolle spielen, ist der Hauptgrund wohl der Spaß und Genuss am Essen, mit dem man unangenehme Gefühle kurzfristig verbannen kann. Die Wissenschaftler erklärten auch, warum Esssucht und Übergewicht eigentlich keine Ess- sondern Stoffwechselstörungen sind. Um zu zeigen, wie unbewusst viele Entscheidungen generell, so eben auch beim Essen, ablaufen, wurde auch das berühmte Libet-Experiment thematisiert, nach welchem unser Gehirn bereits eine Handlung einleitet, bevor wir uns bewusst sind, überhaupt irgendetwas tun zu wollen. Wie bei allen Süchten, so ist es auch bei der Esssucht sehr schwer, wieder von ihr los zu kommen, da sich viele Synapsen im Gehirn gebildet haben, die sich selbst beim Überwinden der Sucht nie wieder zurückbilden, sondern immer sofort reagieren, sobald man mit dem Suchtmittel wieder in Kontakt kommt. Als Suchtmittel gelten übrigens nicht nur bestimmte Substanzen, wie Essen, Alkohol oder Nikotin, sondern auch bestimmte schädliche Verhaltensweisen (so auch bei der Esssucht, wenn Essen zum Beispiel als „Seelentröster“ eingesetzt wird).
Dr. Kroemer und Frau Neuser betonen, dass der Hauptteil ihrer wissenschaftlichen Arbeit am Computer stattfindet. So müssen sie zum Beispiel selber bestimmte Programme schreiben, um Theorien überhaupt wissenschaftlich nachgehen zu können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ihrer Tätigkeit ist die Kommunikation mit anderen Wissenschaftlern, worunter natürlich auch das wissenschaftliche Publizieren fällt. Eine Theorie zu beweisen, ist sehr schwer. „Man kann nur versuchen die Theorien zu widerlegen, geht das nicht ist die Theorie zwar nicht bewiesen, aber immerhin ein Stück sicherer.“
Wir bedanken uns bei den beiden Forschern von der Universität Tübingen für ihren Besuch am HHG!

(Charlotte Veigel)